Spielturm – Eine verbotene bauliche Anlage?

An dieser Stelle habe ich schon des Öfteren über die Kinderfreundlichkeit in unserem Lande berichtet. „Kinder sind unserer Zukunft!“ heißt es immer wieder. Doch viele sehen das ganz anders und betrachten die Kleinen, die ihnen später einmal die Rente sichern sollen,  nur als Störfaktor.
Beispielsweise dann, wenn sie auf einem Spielturm, den eine Familie auf ihren Grundstück aufgestellt hat, herumtoben wollen.
„Ein Skandal, das muss doch verboten werden!“, meinte ein „lieber“ Nachbar und spannte die Justiz ein. doch von ihr erhielt er eine Abfuhr.
Hier die heute veröffentlichte Pressemitteilung des Verwaltungsgerichtes Neustadt (Urteil vom 17. April 2008 – 4 K 25/08.NW ) im Wortlaut:

Ein im Garten eines Wohngrundstücks errichteter Kinderspielturm ist nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt hinzunehmen.
Im entschiedenen Fall hatte ein Familienvater im Garten seines Grundstücks, das mit einer Doppelhaushälfte bebaut ist, in einem Abstand von 1,50 m zur Grenze einen Spielturm aufgestellt. Dieser besteht aus einem etwa 1,50 m hohen Holzgestell sowie einem darauf aufliegenden Holzhäuschen. Die Grundfläche des Turms beträgt 3,50 qm, die Höhe am First 3,50 m. An den Spielturm schließt sich ein knapp 3 m langer Holzbalken – mit Schaukel – an, der auf einem fest im Boden verankerten Holzgestänge aufliegt.
Der Nachbar wandte sich daraufhin an die Kreisverwaltung und bat um bauaufsichtliches Einschreiten. Da die Behörde dies ablehnte, erhob er Klage beim Verwaltungsgericht und machte geltend, dass der Turm unter Verstoß gegen die Abstandsflächenvorschriften errichtet worden sei. Zudem könne von ihm aus auch Einblick in sein Grundstück genommen werden. Ebenso unzumutbar sei der von den spielenden Kindern ausgehende Lärm.
Die Klage blieb ohne Erfolg: Ein Verstoß gegen die Bestimmungen der rheinland-pfälzischen Landesbauordnung über Abstandsflächen liege nicht vor, denn diese seien nur auf Gebäude und Anlagen mit gebäudegleicher Wirkung anwendbar, somit nicht auf einen Kinderspielturm. Auch gebe es in bebauten Bereichen in der Regel keinen Schutz vor Einsichtsmöglichkeiten in bestehende Wohn- oder Ruhebereiche. Dasselbe gelte für die mit der bestimmungsgemäßen Nutzung eines Kinderspielplatzes typischerweise verbundenen Geräusche, denn das Spielen von Kindern sei in Wohngebieten jeder Art – und damit auch in dem hier vorliegenden reinen Wohngebiet – üblich und hinzunehmen.

6 Gedanken zu „Spielturm – Eine verbotene bauliche Anlage?

  1. Ich konnte diese Kinderfeindlichkeit gerade am eigenen Leibe erfahren. Unsere Nachbarin, Ü-60, 2x geschieden, hat sich gestern über unseren Kletterturm 1,50+1,70m – in Ihren Augen eine gigantische “Monster-Plattform”, beschwert. Wenn ein Kind dort oben stehen würde, könne es in ihr Haus sehen und sie hätte deshalb teure Gardinen kaufen müssen. Sie würde sich Tag und Nacht dadurch observiert fühlen und in ihrer Privatsphäre gestört. Sie wird sich beim Bauamt erkundigen, ob so etwas zulässig sei. Ich habe darauf hin diesen Artikel kopiert und ihr in den Briefkasten geworfen. Zudem hinterfrage ich, wie man sich durch ein 3jähriges Kind observiert fühlen kann?! Sie erwähnte noch, das sie jetzt ihre Hecke nicht mehr schneiden könne und dadurch keine Sonne mehr im Garten hat. Wäre die Hecke niedriger (derzeit ist 4m+ hoch – also sogar höher als unser Spielturm), würde sie den Spielturm noch mehr sehen. Schließlich sähe sie ihn auch noch aus ihrem Fenster vom 1 Stock. Weder habe ich gesagt, sie solle die Hecke stutzen, noch stört mich die Höhe, da die Sonne von unserer Seite kommt. Sie nimmt sich selber das Licht und gibt den Kindern dafür die Schuld. Ich kann nur sagen – Armes Deutschland!
    PS – Der Spielturm steht in der hintersten Ecke von unserem Garten, mit 2m Abstand zu ihrem Grundstück.

  2. so geil 😉 Das gefällt mir als nette Abwechslung in diesem doch teilweise sehr kinderunfreundlichem Land und vor allem auch der teilweise sehr kinderunfreundlichen Stadt Trier. Solange die Kinder schön brav und artig sind, solange sie “funktionieren”, ist alles ok. Aber wehe wenn nicht, dann sind oft gleich alle blöden Blicke auf einen gerichtet.

  3. Vorneweg: ich habe selbst 2 Schulkinder und habe sie sehr gern um mich. Nun zu den Spieltürmen: warum stehen all die Spieltürme immer im hintersten Teil des Gartens und werden dem Nachbarn direkt vor die Nase gesetzt ? Ich selbst finde die Spieltürme in Wachturmoptik auch nicht gerade prickelnd, hässlich anzusehen – von der Unfallgefahr ganz zu schweigen. Wenn die Eltern so kinderfreundlich sind, dann sollen sie doch die Türme in der Gartenmitte aufstellen. Dann haben sie selbst auch etwas von ihren Kindern und können ihrer Aufsichtspflicht nachkommen. Oder ist es vielleicht bequemer, den eigenen Nachwuchs in die hinterste Ecke zu verschieben und so seine Ruhe zu haben ? Noch ein letzter Rat: Bevor ich irgendeine Grenzbebauung plane, frage ich immer meine Nachbarn. Und ich übe Rücksicht und versuche, dies auch meinen Kindern beizubringen. Übrigens ist Deutschland kinderfreundlich, viele gerade junge Eltern aber recht egoistisch.

  4. Ich bin der mit dem Spielturm im Garten. Das Urteil ist inzwischen vom OVG RP bestätigt und rechtskräftig.
    Ich freue mich über die positiven Kommentare. Bezüglich des letzten Kommentars von Jerzy folgende Info: Der Turm steht am Ende eines Gartens zu einem Wald hin. Die Nachbarn haben ein Problem mit jeder Form von Kinderlärm. Außerdem erwarten diese, dass bei einer Doppelhaushälfte ihnen niemand in den Garten sehen kann. Wir haben mit dem Nachbarn vorher einen Monat lang über den Spielturm geredet um gemeinsam das wo und wie zu vereinbaren. Der Nachbar hat das abgelehnt und darauf bestanden, dass wir keinen bauen. Es gab in ganz RP noch keinen Nachbarn der auf so eine Klage gekommen ist, außer unserem. Aber jetzt gibt es zumindest für viele Familien Rechtssicherheit. Und unsere Kinder haben ihren Spaß !

  5. Vielen Dank an “Familienvater” für das durchgekämpfte Urteil! Unsere Nachbarn (88 und 68 Jahre) haben sich beim zuständigen Bauamt über den Spielturm unserer beiden Söhne beschwert. Unsere 8 und 5 Jahre alten Söhne würden einfach zuviel Lärm machen. Das Bauamt wollte, daß wir den Trum versetzen, aber als wir ihnen das Urteil präsentiert haben, hat sich die Sachlage doch gleich geändert. Geht doch!!! Unsere Jungs dürfen also weiter nach Herzenslust klettern!

Kommentare sind geschlossen.