Oberbürgermeister – Beigeordneter – Stadtvorstand

Die zurzeit geführte politische Diskussion über die Neubesetzung deiner Dezernentenstelle will ich einmal zum Anlass nehmen, die gesetzliche Stellung nach der Gemeindeordnung von Oberbürgermeister, Beigeordneten und Stadtvorstand zu analysieren:

A) Stellung und Aufgaben des Oberbürgermeisters:

Der vom Bürger direkt gewählte Oberbürgermeister hat der Natur der Sache nach eine recht starke Stellung, die allerdings von der Öffentlichkeit de facto überschätzt wird.

Die Aufgaben des Oberbürgermeisters kann man in 8 Bereiche aufteilen

  • Er ist oberster Repräsentant der Stadt Trier, er vertritt sie nach außen (§ 47 GemO), bei offiziellen Anlässen nach außen sichtbar durch die Amtskette, die er trägt.
  • Er ist Vorsitzender des Stadtrates und leitet dessen Sitzungen (§ 36 GemO)
  • Er hat für die Ausführung der Beschlüsse des Stadtrates zu sorgen
  • Er ist Dienstvorgesetzter der städtischen Beamten, ernennt und entlässt die Beamten (§ 47 Abs. 2 GemO) Bei bestimmten Beamten (gehobener bzw. höherer Dienst) bedarf er indes der Zustimmung des Stadtrates, wenn er sie ernennt oder entlässt (Beispiel: Der OB ernennt den Generalmusikdirektor oder den Intendanten- bedarf hierzu aber der Zustimmung des Stadtrates). Die Zustimmung ist keine Wahl, sodass er bei diesen Beschlüssen mit abstimmen darf (Zif. 2 VV zu § 47 GemO).
  • Er ist für die laufende Verwaltung zuständig und hat die übertragenen staatlichen Aufgaben zu erfüllen (Auftragsangelegenheiten). In diesem Sinne ist er also eine Art “Befehlsempfänger” der staatlichen Verwaltung.
  • Er hat (ähnlich wie ein Bundeskanzler) eine Art Richtlinienkompetenz, das heißt er gibt die Richtlinien zur Verwaltung der Geschäftsbereiche der Beigeordneten vor, was immer das im Einzelnen auch heißen mag (es ist wohl weniger politisch gemeint). Er kann seinen Beigeordneten auch Einzelweisungen erteilen, aber nur dann und auch nur sehr eingeschränkt, wenn dies für „die Einheit der Verwaltung“ oder „den geregelten Ablauf der Verwaltungsgeschäfte“ geboten ist (§ 50 Abs. 6 Satz 2 GemO).
  • Er vertritt die Stadt in städtischen Unternehmen (§ 88 GemO z.B. Stadtwerke) oder sonstigen Körperschaften, kann dies aber auch seinen Beigeordneten übertragen.
  • Er hat in gewissen Fällen ein Eilentscheidungsrecht (§ 48 GemO) mit Zustimmung des Stadtvorstandes.

Eingeschränkt werden sein Rechte aber – das sollte nicht vergessen werden – durch den Stadtrat und dies nicht unerheblich: Dieser legt die Grundsätze für die Verwaltung der Stadt fest und beschließt über die sog. Selbstverwaltungsangelegenheiten der Stadt (§ 32 GemO).

B) Stellung und Aufgaben der Beigeordneten

Den Beigeordneten wird vom Oberbürgermeister die Leitung „angemessener“ Geschäftsbereiche übertragen (§ 50 Abs. 3 GemO), die sie dann eigenverantwortlich im Rahmen der vorgegebenen Richtlinien (s.o.) verwalten (§ 50 Abs. 6 GemO). Die Übertragung der Geschäftsbereiche bedarf der Zustimmung des Stadtrates (§ 50 Abs. 4 letzter Satz GemO). In Trier geschieht dies in der kommenden Ratssitzung am 20. März.

Die Beigeordneten berufen die Ausschusssitzungen für ihr Geschäftsbereich ein und setzten die Tagesordnung im „Benehmen“ mit dem Oberbürgermeister fest.

C) Bedeutung des Stadtvorstandes

Die Kompetenzen des OB werden in Städten mit mehrere Beigeordneten – wie Trier – durch den Stadtvorstand (§ 57 GemO) eingeschränkt:

Der Stadtvorstand soll einmal im Monat tagen (§ 59 Abs. 1 GemO), er tagt in Trier in der Regel wöchentlich. Es müssen 3 der (künftig) 4 Mitglieder anwesend sein, damit er beschlussfähig ist (§ 60 Abs.1 GemO)

Der Stadtvorstand muss

a) regelmäßig Besprechungen abhalten, um die Einheit der Verwaltung zu sichern, vor Allem Angelegenheiten behandeln, in denen zwischen den Dezernaten unterschiedliche Auffassungen oder die mehrere Dezernate berühren (§§ 58 Abs4, 50 Abs. 7 GemO)

b) seine Zustimmung zu der vom OB erstellten Tagesordnung für den Stadtrat geben und die Beschlüsse im Stadtrat vorbereiten (§ 58 GemO)

c) wenn das Einvernehmen zwischen Dezernent und OB in bestimmten Fällen (s.o.) nicht zustande kommt, eine Entscheidung treffen.

Bei Abstimmungen entscheidet die einfache Stimmenmehrheit. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Oberbürgermeisters (§ 60 Abs.1 GemO). Jetzt wissen wir also auch, warum die Diskussion über die Besetzung der neuen Dezernentenstelle so heftig diskutiert wird: Da der Stadtvorstand von 5 auf 4 Mitglieder reduziert wurde, hätte der neue OB sozusagen eine “Mehrheit”, wenn ein Dezernent in “seinem politischen Lager” steht. Hätte die 4. Stelle eine CDU-Dezernentin inne, hätten CDU-Mitglieder eine “Mehrheit”. (Ich halte solche theoretischen Rechenspiele allerdings für wenig hilfreich und auch nicht realistisch. Bisher ging es im Stadtvorstand – so hören wir vom amtierenden OB Schröer – sehr harmonisch zu, es wurde immer einstimmig – also auch mit Stimme des SPD Dezernenten – entschieden. Warum sollte sich daran etwas ändern?)

Würde der Oberbürgermeister übrigens einmal im Stadtvorstand überstimmt werden, kann er zunächst verlangen, dass die Angelegenheit noch einmal beraten wird, bei nochmaligem Überstimmen kann er im Stadtrat seine abweichende Meinung darlegen (§ 60 Abs. 3 GemO). (Dies ist bisher jedoch noch nie geschehen.) Differenzen im Stadtvorstand würden also sehr schnell öffentlich werden.

Die Bedeutung und „Macht“ des Stadtvorstandes ist also viel geringer als gemeinhin angenommen. Wir sehen, dass seine Hauptfunktion darin besteht, Abstimmungen zwischen den Dezernaten durchzuführen und die Ratssitzungen entsprechend vorzubereiten, das sollte zwar nicht unterschätzt werden, aber auch auf gar keinen Fall überschätzt werden, zumal ja jede Fraktion im Rat die Tagesordnung durch eigene Anträge selbst mitgestalten kann.

Ein Fazit aus meiner Sicht:

  • Der OB hat nach dem Gesetz eine starke Stellung, die aber durch den Stadtrat ganz erheblich eingeschränkt wird. Wie stark er tatsächlich ist, hängt von seiner Persönlichkeit ab. Entscheidend ist, inwieweit es ihm gelingen wird, die Fraktionen im Stadtrat von seiner Arbeit zu überzeugen und eine Mehrheit hinter sich zu bringen.
  • Die Beigeordneten können ihr Geschäftsbereiche sehr selbstständig verwalten, der OB hat nur wenige Möglichkeiten „hineinzuregieren“.
  • Die Bedeutung, die dem Stadtvorstand zukommt, wird in der gegenwärtigen politischen Diskussion m.E. überschätzt.

4 Gedanken zu „Oberbürgermeister – Beigeordneter – Stadtvorstand

  1. Ich wundere mich auch manchmal, welch politische “Wunderkräfte” dem zukünftigen OB Jensen zugesprochen werden…

    Meines Erachtens zeigt seine Wahl und die fast schon messianische Erwartungshaltung dem OB gegenüber den Wunsch der Trierer nach einer neuen Politik und einem neuen Politikstil. Auch wenn Jensen dieser Erwartung allein aus den von Dir beschriebenen Grenzen seiner Macht nicht nachkommen kann, so sind die Parteien und die Politiker der Stadt gut beraten, den Wunsch der Wähler, der sich in Jensens Wahl manifestiert hat, nicht zu ignorieren und nicht weiterzumachen wie bisher.

  2. @tetrapanax

    Wahlbeteiligung: 43,2%

    Schon vergessen?

    Die sinkende Wahlbeteiligung – insbesondere auf kommunaler Ebene – ist Ausdruck der Abkehr vieler von der Politik und eines Misstrauens in die Demokratie, oder nicht?

  3. Stimmt, Moseljupp. Aber frage Dich mal, warum sich so viele Menschen von der Demokratie dieser Ausprägung abwenden…

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