Streetview – Ich war das erste Opfer

Heute werden im Trierischen Volksfreund von Christiane Wolff (Herzlichen Glückwunsch zum Wächterpreis) die Möglichkeiten des Missbrauchs des Street View von Google problematisiert.
Dabei ist das Problem gar nicht neu. Ich bin im zarten Alter von 17 Jahren, anno 1973, wahrscheinlich eines der ersten Opfer eines Street View in Deutschland geworden. Und das kam so:

Damals war ich Schüler des Trierer Friedrich-Wilhelm-Gymnasiums. Ich wuchs unter Aufsicht eines strengen Vaters auf. Er achtete auch peinlich darauf, dass ich meinen Verpflichtung als Schüler immer gewissenhaft nachkam, wusste er doch, dass ich eine eher lockere Einstellung zur Schule und zum Lernen hatte.

Ich selbst sah es für mich nicht als fördernd an, sämtliche Schulstunden wahrzunehmen. (Glücklicherweise weiß ich, dass meine Kinder meine Blogbeiträge nicht lesen). Denn es gab auch einige, die weniger spannend waren, so dass ich dachte, es sei besser, den Lehrer (dessen Name ich selbstverständlich aus Datenschutzgründen nicht nenne) nicht weiter durch den Anblick eines gelangweilt drein schauenden Schülers zu belästigen. Ich zog es deshalb vor, mich mit einem Klassenkamerad (dessen Namen ich aus Datenschutzgründen selbst verständlich ebenfalls nicht nenne) zunächst in der Cafeteria des damaligen Kaufhauses „Horten” etwas zu stärken und mich anschließend dadurch fortzubilden, dass ich mir persönliche Eindrücke von der Stadt und ihren Einwohnern verschaffte.
Es war damals erlaubt, dass sich Schüler in der Oberstufe selbst entschuldigen durften. So musste ich meine Eltern durch meine etwas andere Lernauffassung nicht weiter behelligen. Meine selbst gewählten Freistunden funktionierten wunderbar, bis eines Morgens…
Es war Samstag und ich wurde durch laute Rufe meines Vaters geweckt: „Thomas, komm’ mal sofort her!!” .. Ich warf mir meinen Bademantel über und ging ins Wohnzimmer, wo ich einen tobenden Vater vorfand: „Was fällt dir ein, während des Unterrichtes die Schule zu schwänzen…(Ich wiederhole die weiteren Worte aus Gründen des Datenschutzes nicht). Jedenfalls, ich sei ein Faulpelz, so würde aus mir nie etwas Gescheites werden.., diese  und ähnliche Vorwürfe musste ich mir anhören.  (Mit letztere mag er ja sogar vielleicht Recht gehabt haben.)
Gerade dachte ich noch angestrengt darüber nach, wer mich da verpetzt haben könnte, da kam auch schon des Rätsels Lösung für das seltsame Verhalten meines Vaters dar. Er knallte die Wochenendausgabe der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) auf den Tisch. Dort war ein langer, ganzseitiger Sonderbericht über die Stadt Trier und ihre Schönheiten. Und .in der Mitte prangte als Aufmacher-Foto f ein wunderschönes Bild vom Hauptmarkt mit der Gangolfskirche, die gerade auf 11:00 Uhr zeigte. Und davor standen, fröhlich grinsend, ….. ich selbst neben meinem Klassenkameraden, ganz deutlich zu erkennen. Auch der Wochenmarkt war zu sehen, so dass die Ausrede, die Aufnahme sei am Wochenende entstanden, nicht helfen würde.

Nun, ich bekam eine Strafe und war fortan die Misstrauen meines Vaters, was meinen Schulbesuche anbelangte ausgesetzt. Ein Street View Opfer also. wahrscheinlich das erste in Deutschland.
Ja, so kann es einem gehen, wenn man unbeabsichtigt fotografiert wird.

Trotz dieser fürchterlichen Erfahrungen, die ich gemacht habe, sehe ich das Street View Projekt heute eher mit Gelassenheit.
Manche Datenschützer- wie die in Schleswig-Holstein – halten das ganze für schlichtweg für unzulässig.

In Trier zerbricht man sich zurzeit ebenfalls die Köpfe, ob das Filmen von Straßenzügen juristisch angreifbar ist.
Ich persönlich halte die Sorge für übertrieben. Ich kann mir kaum vorstellen, dass Kriminelle ihre Diebstahlsobjekte übers Goggle-Earth auszubaldowern. Die wissen auch so, wo as zu holen ist, und gehen sicher lieber persönlich vor Ort, um sich das Objekt ihrer geplanten Untaten anzusehen.
Ich fand es ganz praktisch, wenn ich mir beispielsweise schon einen Einblick darüber verschaffen konnte, wo mein Sohn während seines Aufenthaltes in USA wohnte. Bei geplanten urlauben, kann ich mir die Lage des Hotels genau ansehen.
Also, wenn Google die Gesichter von Person – wie versprochen – unkenntlich macht, sollen sie doch filmen. Und zur Schule gehe ich auch schon lange nicht mehr!

4 Gedanken zu „Streetview – Ich war das erste Opfer

  1. In punkto Datenschutz bin ich recht empfindlich – gegen Streetview habe ich allerdings keine Vorbehalte.

    Blöd ist bloß, dass mir Google nun doch zuvorkommt, in kleinerem Maßstab wollte ich das auch schon machen. Hmm…hätte lediglich so zwei, drei Jahrzehnte gedauert 😉

  2. Vor Jahrzehnten, diese Geschichte wird des öfteren in der Redaktion kolportiert, soll es sich mal zugetragen haben, dass ein TV-Fotograf zur Bebilderung der damaligen “Wochenendpost” ein Liebespärchen im Palastpark abgelichtet hat, allerdings ohne zu fragen, ob sie mit einer Veröffentlichung einverstanden sind. Das Foto wurde abgedruckt, und es stellte sich wohl heraus, dass die beiden verheiratet waren – allerdings nicht miteinander.

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