Versteckte Kinderfeindlichkeit

Ich habe an dieser Stelle schon öfter über versteckte Kinderfeindlichkeit in Deutschland berichtet. Immer wieder gibt es (in meinen Augen seltsame) Zeitgenossen, die sich durch spielende Kinder belästigt fühlen.
Für mich ist nach wie vor nicht nachvollziehbar, wie man spielende Kinder überhaupt als „Lärm“ empfinden kann.
In Koblenz hat wieder einmal ein Anwohner versucht, gegen spielende Kinder vorzugehen.
Ein Lichtblick. Diesmal konnte er bei dem Gericht mit seinem Anliegen nicht durchdringen.

Hier die Presseerklärung des Verwaltungsgerichts im Wortlaut:

Die Anordnung eines verkehrsberuhigten Bereiches kann nicht mit der Begründung angefochten werden, dort werde missbräuchlich gebolzt. Das entschied kürzlich das Verwaltungsgericht Koblenz.
Der Kläger bewohnt ein Haus in unmittelbarer Nähe eines Wendehammers, der von anwohnenden Kindern zum Spielen genutzt wird. In einem ersten Verwaltungsrechtsstreit hatte der Kläger Klage mit dem Ziel erhoben, die Stadt zur Einhaltung immissionsschutzrechtlicher Lärmgrenzwerte zu verpflichten. Diese Klage hatte teilweise Erfolg.
Zwischenzeitlich hatte die zuständige Verbandsgemeinde die betroffene Straße einschließlich des Wendehammers auf Antrag der Mehrheit der Anwohner zum verkehrsberuhigten Bereich ausgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Straße sei aufgrund ihrer Lage und ihres Ausbauzustandes zum Kinderspiel geeignet; andere adäquate Spielmöglichkeiten stünden in der näheren Umgebung nicht zur Verfügung. Der Kläger wandte sich gegen diese verkehrsrechtliche Anordnung und beantragte, die Schilder für Beginn und Ende der verkehrsberuhigten Zone zu entfernen. Der mit der Ausweisung als Spielstraße einhergehende Lärm, insbesondere verursacht durch das Bolzen gegen die Wand eines am Wendehammer befindlichen Trafohäuschens, stelle eine unerträgliche Belästigung dar und gefährde seine Gesundheit. Nachdem sein Widerspruch zurückgewiesen worden war, erhob er Klage.
Die Klage blieb erfolglos. Sie sei, so die Richter, mangels Rechtsschutzbedürfnis bereits unzulässig, da sie sich als nutzlos für den Kläger erweise. In einem verkehrsberuhigten Bereich sei zwar das Kinderspiel erlaubt, nicht aber das vom Kläger angegriffene, lärmintensive Bolzen. Da die Verkehrszeichen das als störend empfundene Verhalten folglich schon nicht gestatteten, könne der Kläger sein Klageziel auch nicht durch deren Entfernung erreichen.
Gegen diese Entscheidung können die Beteiligten die Zulassung der Berufung beantragen.
(Verwaltungsgericht Koblenz, Urteil vom 10. Dezember 2007, 4 K 164/07.KO)
Wir wollen hoffen, dass die Entscheidung auch in der nächsten Instanz Bestand haben wird.

5 Gedanken zu „Versteckte Kinderfeindlichkeit

  1. Aber die Entscheidung bestätigt doch ausdrücklich, dass gerade das inkriminierte Bolzen dort nicht statthaft ist: “In einem verkehrsberuhigten Bereich sei zwar das Kinderspiel erlaubt, nicht aber das vom Kläger angegriffene, lärmintensive Bolzen.”

    Ehrlich gesagt kann ich den Kläger insoweit verstehen, als dass Bolzen gegen Wände nicht gerade ein Ohrenschmaus ist. Wenn das häufig vorkommt, würde ich allerdings eher das Gespräch als den Klageweg suchen – aber vielleicht waren Gespräche in dem Fall ja fruchtlos.

  2. @Wortsalat
    Dass das Bolzen verboten wird, hat dieser Anwohner tatsächlich erreicht. Für mich traurig genug.
    Ich gebe Ihnen jedenfalls völlig recht, dass Gespräche die richtige Lösung gewesen wären.

  3. Manchmal hilft es nicht, mit den Kindern und ihren Eltern zu reden. Manche Eltern sind geradezu stolz auf das „Durchsetzungsvermögen“ ihrer Kinder – auch Eltern aus sogenannten „guten Kreisen“ und gepflegten Vierteln. Der Egoismus, die Unhöflichkeit und die Rücksichtslosigkeit der Kinder sind Folge der Vorstellungswelt der Eltern.

    Ohne Zusatzinformationen würde ich es zudem nicht wagen, den speziellen Fall zu generalisieren oder daraus eine „versteckte Kinderfeindlichkeit“ herbei zu reden. Zwar ganz nett populär, auch mit dem Allgemeinplatz „dass Gespräche die richtige Lösung gewesen wären“, aber deshalb unredlich. In dem Artikel wird ja auch kurz erwähnt, dass der „Bolz-Wendehammer“ seinen eigentlichen Grund in einer mangelhaften Vorsorge der betreffenden Kommune hatte, das Neubaugebiete ohne Spielmöglichkeiten zu planen. Das ist wirklich traurig und kinderfeindlich.

  4. Da kann ich mich nur glücklich schätzen, dass ich auf ‘m Dorf wohne. ^^
    Armes Deutschland!

  5. Der Kläger sollte sich mal fragen, ob er selbst auch mal ein Kind war. Und anstatt von anderen zu erwarten, dass sie seine Probleme lösen, täte er vielleicht besser daran das Geld, das er für Anwälte und Gerichtskosten ausgibt in eine gute Schallisolierung seiner Wohnug zu investieren. Das würde ich jedenfalls von einem richtigen Mann erwarten !!!

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