Beinahe hatte man den Eindruck, ein Funken würde ausreichen, um eine Explosion auszulösen. So angespannt war die Atmosphäre in Trierer Stadtrat selten. Versteinerte Minen Mienen bei allen Ratsmitgliedern. Der Zuschauerbereich war so voll wie noch nie, bis weit nach draußen drängten sich die Interessierten.
Kein Wunder, selten hat es im Rat der Stadt Trier schon im Vorfeld eine so erbitterte Auseinandersetzung über die Besetzung einer Dezernentenstelle gegebenen wie heute. Jetzt sollte die Entscheidung also fallen.
Zunächst wurde einstimmig die Tagesordnung um den Punkt Vorstellung der beiden Kandidatinnen erweitert.
(Auf den Forto: Frau Kaes-Torchiani geht zurm Rednerpult) Zunächst hielt Frau Kaes-Torchiani ein engagiertes Plädoyer für vorausschauende, bürgernahe Planung. Es folgte die Vorstellungsrede von Frau Soltys, die ihre bisherige Tätigkeiten schilderte und einen Ausblick auf die in Trier zu bewältigenden Aufgaben hielt. Ich will bewusst keine Wertung vornehmen, sondern betonen, dass beide einen guten Eindruck hinterließen. Eine solche Vorstellung kann und darf nicht entscheidend für eine Wahl sein, war aber sicher sehr sinnvoll, um den Zuhörerinnen und Zuhörern einen persönlichen Eindruck von den beiden Kandidatinnen zu verschaffen.
Berti Adams (CDU) und Prof. Kleber (UBM) begründeten den Vorschlag für Frau Kaes-Toorchiani, Friedel Jäger (SPD), Gerd Dahm (Grüne) und Thomas Egger (FDP) begründeten den Vorschlag für Frau Soltys. Jede Seite hob jeweils hervor, dass die von ihnen unterstütze Bewerberin die qualifizierte sei. Neue Argumente gab es hierbei nicht, sodass es sich an dieser Stelle erübrigt, hierauf näher einzugehen.
(Auf dem Foto: Berti Adams bei der Stimmabgabe hinter der Wahlurne) Mit 28 Stimmen wurde Frau Kaes-Torchiani zur neuen Beigeordneten gewählt. Da 1 Mitglied der CDU Fraktion und ein Mitglied der Fraktion der Grünen fehlte, kann man davon ausgehen, dass alle Mitgliedern der CDU und UBM Fraktion für sie stimmten. Die Kandidatin von SPD, Grünen und FDP Beatrice Soltys erhielt 22 Stimmen.
Ich hoffe sehr, dass die doch sehr unerfreuliche Auseinandersetzung um die Besetzung der Stelle sein Ende gefunden hat und wir zur sachlichen Kommunalpolitik zurückkehren können. Es gibt genug Probleme, die zu bewältigen sind. Ich hoffe daher auch, das die Bemerkung, die SPD Fraktionsvorsitzender Jäger gegenüber Berti Adams machte, das „Tischtuch sei jetzt zerschnitten“, nur aus der ersten Erregung bzw. Enttäuschung heraus gefallen ist.
Nach der Wahl der neuen Dezernentin mussten die organisatorischen Voraussetzungen getroffen werden, um das weitere Arbeiten des Stadtvorstandes und der Dezernatsausschüsse zu gewährleisten. Entsprechend den vier neuen Geschäftsbereichen wird es vier neue Dezernatsausschüsse geben, deren Mitglieder im Anschluss einstimmig gewählt wurden.
Der Beteiligungsbericht der Stadt Trier für das Berichtsjahr 2005 wurde dann vorgestellt. Die Stadt Trier ist gesetzlich verpflichtet, ihre Beteiligungen an Gesellschaften jährlich offen zulegen. Ein lesenswertes Werk, wie ich meine.
Das Projekt “Brot und Spiele” für das Jahr 2007 wurde beschlossen.
Umbau und Erweiterung Museum Simeonstift Trier kostet mehr Geld als erwartet. Der Stadtrat musste deshalb zusätzliche Mittel bereitstellen.
Die Kindertagestätte „St. Peter“ in Ehrang wird in der Eulenplatz/zur Stadtmauer neu gebaut.
Die Planungen zu Neuanbindung des Aveler Tals (Ortsumgehung Kürenz) sollen aufgrund der Variante “Grüneberg” fortgeführt werden. Das heißt, die neue Umgehungsstraße soll am Grüneberg vorbei über die Eisenbahn bis zur Metternich Straße in Höhe Dasbachstraße geführt werden. Geschätzte Kosten: Etwa 19,5 Millionen €. Eine Festlegung über ein Verkehrsberuhigungskonzept wurde zu diesem Zeitpunkt durch Stadtrat noch nicht getroffen. Bei 5 Gegenstimmen und 1 Enthaltung wurde die Vorlage beschlossen.
Der Bebauungsplan „Areal Herz-Jesu-Krankenhaus“ soll offen gelegt werden, ebenso Bebauungsplan BH 34 “Zwischen Trevererstraße und Karlsweg“.
Die Planungsziele für das „Mühlengelände“ in Ehrang werden fortgeschrieben. Bekanntlich soll dort ein Supermarkt errichtet werden. Der Rat hat die vorbereitenden Beschlüsse gefasst.
Eine sehr interessante Übersicht über der Entwicklungsziele und Rahmenbedingungen der Umsetzung den Stand der Arbeit bei den Stadtteilrahmenplänen wurde uns vorgestellt.: Fast alle Stadtteilrahmenpläne sind mittlerweile erstellt worden. Sie sind ein Zeichen aktiver Bürgerbeteiligung. Ich habe in meinem Wortbeitrag darauf hingewiesen, dass sich die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt immer mehr an ihren Stadteilen orientieren, was hier in den vielfältigen Blogs betr. Ehrang, Trier-Nord und Tier-Süd auch besonders deutlich wird. Ein Problem ist natürlich, dass die Bürgerinnen und Bürger jetzt auch eine baldige Umsetzung der Pläne erwarten, die sie ja selbst mit erarbeitet haben. Manfred Maximini (UBM) mahnte dementsprechend an, dass sie Verwaltung noch kein Konzept zur Umsetzung an. Er verlangte die Erstellung einer Prioritätenliste. Der baldigen Umsetzung – vor allem der etwas weitergehenden Pläne – stehen natürlich die knappen Haushaltsmittel entgegen.
Außerdem wurden die Stadtteilrahmenpläne von Mariahof und Pfalzel verabschiedet.
Dann kam eigentlich ein historischer Augenblick in Trierer Stadtrat. Nach der Überreichung der Urkunde über die Versetzung in den Ruhestand an Beigeordnete Horsch, erhielt auch Oberbürgermeister Helmut Schröer seine Ruhestandsurkunde. Er wurde von Bürgermeister Georg Bernarding verabschiedet, der noch einmal die Verdienste des Oberbürgermeisters würdigte. 18 Jahre lang hatte Helmut Schröer die Geschicke der Stadt geleitete, 235 Ratssitzungen(!) hatte er in dieser Zeit geleitet. Er ist gleichzeitig der letzte CDU-Oberbürgermeister der Stadt Trier: In seinen – sehr bewegenden – Abschiedsworten gab Helmut Schröer uns Ratsmitgliedern die dringende Botschaft mit, wir sollten uns für den Erhalt der kommunalen Selbstverwaltung einsetzen, die er in akuter Gefahr sah.
(Auf dem Foto: OB Schröer verneigt sich vor dem Rat, der ihm stehend Beifall bekundet) Es folgte eine nicht-öffentliche Sitzung mit weiteren, zahlreichen Vorlagen (vor allem Personalvorlagen).
Eine solche Ratssitzung mit einer solchen Spannbreite der Gefühle hatte ich bis jetzt noch nicht erlebt. Bestimmte zu Beginn Anspannung, Kontroverse, das Gegeneinander die Atmosphäre, kamen am Ende Wehmut und Nachdenklichkeit auf. Man kann es gar nicht glauben, dass glauben, dass künftig die Ratssitzungen ohne ihn ablaufen werden. Eine Ratssitzung, die in die Geschichtsbücher eingehen wird, ging um 21:25 Uhr zu Ende.
4 Gedanken zu „Neue Dezernentin und Ende eine Ära: Über eine historische Stadtratssitzung“
Vielen Dank für Ihre sehr guten und informativen Beiträge, Herr Albrecht.
“Ich hoffe daher auch, das die Bemerkung, die SPD Fraktionsvorsitzender Jäger gegenüber Berti Adams machte, das „Tischtuch sei jetzt zerschnitten“, nur aus der ersten Erregung bzw. Enttäuschung heraus gefallen ist.”
Das glaube ich kaum – Sie müssten ihn doch seit Jahren kennen…
Ihren Beitrag habe ich als “Nichttrierer” auch mit Interesse gelesen. Dabei fielen mir am Anfang des Textes die Minen bei den Ratsmitgliedern auf.
Was ein fehlender Buchstabe doch alles machen kann.
.Normalerweise gebe ich keine Kommentare ab, aber an dieser Stelle möchte auch ich meinen herzlichen Dank für die guten und informativen Beiträge aussprechen.
Ich habe mal die Gelegenheit benutzt die gestrige Stadtratsitzung selbst in Augenschein zu nehmen.
Es war beeindruckend. Man konnte die Spannung spüren.
Aber ich war schon verwundert, dass der neue OB Jensen nicht anwesend war.
Er hat sich doch für eine Wahl der Frau Soltys stark gemacht und dann kommt er nicht einmal. Ich dachte mir, der glaubt nicht an eine Wahl seiner Kandidatin und will nicht mit Verlierer in Zusammenhang gebracht werden.
Einige Gedanken sind mir deswegen noch durch den Kopf gegangen, die ich an dieser Stelle nicht weiter beschreiben möchte. Denn ich will mich nicht an den gleichen wilden Spekulationen beteiligen wie wir in den vergangenen zwei Wochen erleben mussten.
Und dann wurde OB Schröer verabschiedet. Es war bewegend. Die kurzen Reden ließen andeutungsweise erkennen was alles in seiner Zeit bewegt wurde und was Trier für eine Persönlichkeit verliert. Auch hier habe ich Herrn Jensen vermisst. Ob es zum Protokoll gehört oder nicht, ich weiß es nicht, aber es hätte Anerkennung und Respekt für seinen Vorgänger bedeutet. Er muss sich erst einmal beweisen und die „normale“ Arbeit neben all seinen Versprechen erfüllen.
Ich halte es für keinen guten Stil das er schon vor Beginn seiner Tätigkeit von Gräben und Lagern spricht. Interessant ist, dass Jäger ähnliche Worte benutzt. Beide sind SPDler – ob es damit zu tun hat??
@lavendel
Vielen Dank für den Hinweis. Das passiert halt mal in der Eile.
@leser
Herrn Jensen muss ich insoweit in Schutz nehmen (er hatte meiner Information nach einen anderen Termin). Er wird erhält erst am Freitag seine Ernennungsurkunde und kann dann erst offiziell auftreten. Es hätte mißverstanden werden können, wenn er bei dieser Ratssitzung anwesend gewesen wäre. So war es richtig. Allerdings wäre es meiner Meinung nach auch besser gewesen, wenn er sich zuvor auch aus der Kontroverse heraus gehalten hätte.
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