Ja, ich gehöre zu einer Minderheit in meiner Partei, für die vorstellbar wäre, Tempo 30 in deutschen Städten als Regelgeschwindigkeit zu definieren.
Nein, ich will hier an dieser Stelle keine neue Diskussion vom Zaun brechen, ob man in Trier flächendeckend die Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h limitieren sollte.
Ich will ganz einfach einmal von meinen Beobachtungen anlässlich meines Besuches in unserer Landeshauptstadt am Wochenende berichten.
Seit dem 1. Juli gilt dort bekanntlich fast in der gesamten Neu- und Altstadt flächendeckend das neue Geschwindigkeitslimit.
Wir sind freitagnachmittags zur »Rush-Hour« in Mainz eingetroffen.
Verändert hat sich ….. nichts. Kann man doch zu Verkehrsspitzenzeiten ohnehin nur im Schneckentempo durch die Stadt fahren.
Anders das Empfinden zu verkehrsarmen Zeiten auf Straßen außerhalb der Wohngebiete, wie beispielsweise der Rheinallee. Es ist schon arg gewöhnungsbedürftig, auf einer breiten 4-spurigen Straße im Schneckentempo dahinzukriechen. Das funktioniert auch nur dann richtig, wenn man den Tempomaten entsprechend programmiert. Man riskiert dann allerdings völlig verständnislose Blicke von Mainzer Autofahrerinnen und Autofahrern, die einen überholen, weil sie noch nicht verinnerlicht haben, dass eine neue Ära des Autofahrens in der Landeshauptstadt begonnen hat.
Gleichwohl, die (Verkehrs)Welt in Mainz ist ob der neuen Einschränkung nicht untergegangen. Es gibt kein Chaos und die Fahrzeiten verlängern sich – objektiv gemessen – nur unwesentlich. Und mein Sohn in Mainz studierender Sohn weiß zu berichten, dass das Radfahren auf der Straße wesentlich entspannter und ruhiger geworden ist. Ist es auch bei den Experten umstritten, ob die Absenkung der Höchstgeschwindigkeit tatsächlich die Unfallzahlen signifikant senkt, ist die »gefühlte« Sicherheit ohne jeden Zweifel sprunghaft angestiegen.
Was leider überhaupt nicht funktioniert: Die »grüne Welle« ist noch nicht auf die neue Höchstgeschwindigkeit eingestellt. Die Folge: Vermeidbares Halten und wieder Anfahren an den Ampeln. Doch das lässt sich nachjustieren.
Was nehme ich als Konsequenz für meine Heimatstadt Trier mit?
Zunächst einmal ist festzuhalten, dass die Situation in beiden Städten NICHT miteinander zu vergleichen ist. In Mainz will man in erster Linie die Luftqualität verbessern. Ob dieses Ziel mit der jetzt getroffenen Maßnahme erreicht wird, kann tatsächlich bezweifelt werden. In Trier haben wir zu unserem großen Glück nicht mit dem Feinstaubproblem zu kämpfen.
Ich als Radfahrer denke, dass eine allgemeine »Entschleunigung« des städtischen Verkehrs uns allen richtig guttäte. Ist es für unser Wohlbefinden wirklich so entscheidend, ein paar Minuten schneller von A nach B zu kommen? Wäre es die kleine Einschränkung nicht wert, wenn es auch nur einen schweren Verkehrsunfall weniger in Trier gäbe? Hat uns die Corona-Katastrophe nicht gelehrt, dass wir aus diesem fatalen Hamsterrad der Moderne »immer mehr – immer schneller« endlich einmal heraus müssen?
Und wer jetzt meint, dass ich mit meiner Meinung zu den absoluten Exoten meiner Partei gehören würde, den darf ich daran erinnern, dass unsere damalige Oberbürgermeisterkandidatin Hiltrud Zock im OB Wahlkampf 2014 geäußert hat: »Ich bin für Tempo 30 flächendeckend in der Innenstadt.«
Doch keine neue Diskussion!
Die Argumente für und gegen ein generelles Tempo 30 in der Stadt kenne ich zur Genüge. Und es ist auch nicht zielführend, sie – sowohl von der einen, wie von der anderen Seite – gebetsmühlenartig zu wiederholen.
Meine Empfehlung geht allein dahin, dass man sich die neue Situation in Mainz einmal in aller Ruhe ansehen und bewerten sollte. Die Welt entwickelt sich weiter. Es gab auch Zeiten, zu denen hätte man es für völlig undenkbar gehalten, dass auf dem Viehmarkt, Kornmarkt und Domfreihof keine Autos mehr parken dürfen.