Stellen Sie sich vor: Sie nutzen jahrzehntelang ein Grundstück, pflegen und hegen ist, weil Ihnen immer gesagt wurde, das ist Ihr Grundstück. Plötzlich kommt jemand und sagt: Das ist Dein, sondern mein Grundstück. Also zahle einmal kräftig dafür, dann darfst Du es weiter nutzen!
So was gibt es nicht, denken Sie? Gibt es doch!
So ähnlich geht es jedenfalls zurzeit dem ein oder anderen Mitbürger auf Mariahof.
Der Hintergrund des seltsamen Geschehens: Als in den 60er Jahren die Gartenstadt Mariahof errichtet wurde, hat man einzelne Fußwege zu den Häusern nicht so breit gebaut, wie es eigentlich, der inzwischen vom Gericht als nichtig erklärte Bebauungsplan, vorgesehen hatte. Man erachtete es einfach als nicht notwendig einen so breiten Weg zu bauen. (Diese Notwendigkeit besteht übrigens auch heute nicht.)
Die Folge war jedenfalls, dass ein schmaler Streifen neben dem Weg übrig blieb, der nicht bebaut wurde. Da man ja nicht immer mit dem Zollstock auch genau nachmisst, ob die im Grundbuch eingetragene Grundstücksgröße auch mit den tatsächlich Gegebenheiten über einstimmt, gingen die anliegenden Grundstückseigentümer einfach davon aus, dass es sich bei dem Streifen um ihr eigenes Grundstück handelt. Sie pflegten und hegten es also in diesen Bewusstsein. Im besten Fall säten sie eine Wiese aus oder pflanzten eine kleine Hecke. im schlimmsten Fall errichten sie darauf sogar ein kleines Mäuerchen.
Anlässlich der Erneuerung der Straßen und Wege in der Gartenstadt stellten die Verwaltung ihren 40 Jahre alten Irrtum plötzlich fest: So befand sich beispielsweise die gepflanzte Hecke eines Anwohners plötzlich auf städtischem Eigentum.
Um endlich einen legalen Zustand herzustellen, bot die Stadt dem verdutzten Anwohner jetzt an, den Streifen käuflich zu erwerben, zum üblichen Preis von 180 Euro für den Quadratmeter, macht insgesamt für den Streifen 6000 Euro, zuzüglich Notarkosten, versteht sich. Der Anwohner weigerte sich aus verständlich enGründen.
Jetzt kam es noch doller: Nun forderte die Stadtverwaltung ihn auf, das entsprechende Grundstück zu pachten!
Um die Frage gleich vorwegzunehmen: Juristisch hat die Stadt völlig Recht. Ein “Ersitzen”, wie man so schön sagt, eines Grundstücks ist nur möglich, wenn es 30 Jahre lang falsch im Grundbuch eingetragen ist (§ 900 BGB). Im Grundbuch war hier aber alles richtig!
Ich habe Verständnis dafür, dass die Stadt kein Geld verschleudern darf. Schließlich wacht der Rechnungshof über die Ausgaben. Bei der katastrophalen Haushaltslage hat die Stadt auch nichts zu verschenken! Aber so geht es nun wirklich nicht!
Diese besonderen Fälle bedürfen auch einer besonderen Behandlung. Schließlich war es nicht Schuld der Anwohner, dass vor 40 Jahren falsch gemessen wurde! Hier müssen unbürokratische Lösungen gefunden werden, gegebenenfalls das Grundstück zu einem symbolischen Preis veräußert werden.
Ein Gedanke zu „Ein 40 Jahre alter Irrtum und seine Folgen“
Vielleicht könnte man ja einfach auch gar nichts tun und alles so lassen, wie es ist. Bei der Anordnung der Benutzungspflicht für nicht den Mindeststandards der StVO ensprechenden “Radwegen” nimmt die Stadt es ja auch nicht so juristisch genau.
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