Wie weit geht Nachhaltigkeit? Diese Grundsatzfrage hat mich heute beschäftigt. Neu kaufen? Oder doch reparieren?
Doch ich fange besser von vorne an: Gestern wollte ich ein wenig Wäsche machen und was macht die Maschine: Sie verweigert hartnäckig das Schleudern. Ich recherchiere im Internet und finde tatsächlich eine mögliche Lösung. Die Pumpe könnte verstopft sein. Doch oh Schreck, der Verschluss lässt sich nicht öffnen. Alles verklemmt! Keine Chance für »Do it your self«. Es liegt noch ein Berg Wäsche da, dessen Zukunft plötzlich sehr ungewiss ist.
Ich erzähle aufgeregt Jutta, MEINER besten Ehefrau von allen, vom Malheur. Sie ist wenig beeindruckt. »Ich bestelle den Techniker, kein Problem!«
Der nächste Tag. Sie ruft mich im Dienst an: »Am Mittwoch kommt der Techniker. Übrigens die haben bei der Firma im Computer nachgesehen und gesagt, dass wir die Waschmaschine 2005 gekauft haben!«
Während ich am Brückentag unlustig in meinen Akten herumblättere, denke ich über die soeben erhaltene Information nach. »2005«!?
Ich entscheide mich, einmal – ganz unverbindlich versteht sich – weitere Informationen einzuholen und radele zum nahe gelegenen Haushaltsgerätehändler meines Vertrauens, bei dem ich schon viele Jahrzehnte Kunde bin. Dachte ich jedenfalls bis heute.
Ein netter junger Mann begrüßt mich und fragt nach meinem Anliegen. Ich schildere ihm die Situation. Er sieht zur Sicherheit noch einmal im Hauscomputer nach, in dem – Datenschutz hin, Datenschutz her, praktischerweise alle Elektronik-Käufe der Familie Albrecht penibel notiert sind.
Er fragt mich nach meinem Namen. »Thomas Albrecht auf Mariahof? Haben wir nicht!« Er zuckt mit den Achseln. »Nur eine … Jutta Albrecht?!« »Genau«, sage ich, »das ist meine Chefin!«
Der junge Mann, wohl noch Junggeselle, grinst und schlägt sogleich die Hände über den Kopf zusammen! »Was? 15 Jahre ist die Maschine alt! Da haben Sie aber Glück gehabt! Normalerweise hält dieses Modell so 8 bis 12 Jahre« »Und einen 5 Personen-Haushalt musste sie in dieser Zeit bewältigen! Jetzt sind wir nur noch zu zweit«, räsoniere ich etwas wehmütig. Der nette junge Mann macht mir inzwischen eine Rechnung auf: »88 Euro kostet schon mal die Anfahrt. Dann die Reparatur… Selbst wenn es nichts Großes ist, sind sie schnell bei 150, 180 Euro. Und jetzt sehen sie mal hier: Ein ähnliches Modell kostet neu 749 Euro und…. », er bekommt leuchtende Augen, »das neue Gerät ist viel sparsamer, sowohl, was den Wasser-, als auch den Stromverbrauch anbetrifft! Es erkennt die Wäschemenge und dosiert dann automatisch.«, schwärmt er von dem neuen Wunderwerk der Technik, das im Warenlokal ungeduldig auf Käufer/innen harrt.
Ich frage noch nach der Verarbeitung und erfahre so ganz nebenbei, dass es auch wesentlich teurere Waschmaschinen einer anderen, bekannten deutschen Marke gibt (Haltbarkeit 20 – 30 Jahre!), die aber derzeit eine Lieferzeit von mindestens 8 Wochen haben, wenn nicht mehr, da der Edelstahlmarkt derzeit leegefegt ist.
Da 8 Wochen dreckige Socken im Hause Albrecht gar nicht geht, ist die teuere Variante keine ernsthafte Alternative.
Ich bin schon überzeugt und unterschreibe gerade den Abschluss eines Kaufvertrages verbunden mit der Kündigung des Reparaturauftrages, als plötzlich mein Handy klingelt. Ich kenne die Nummer und weiß, dass ich sofort dran gehen muss:
»Schatz, ich habe eine gute Nachricht«, tönt es mir fröhlich entgegen, »Der Handwerker kann schon heute kommen, kannst Du mal schnell nach Hause fahren?«
»Äh, oh, …..«, entgegne ich etwas verlegen, »Es gibt da ein kleines Problem! Ich habe eben eine neue Waschmaschine gekauft!«
»WAS, hast Du, OHNE mich zu fragen eine neue gekauft….??? Die alte Maschine war doch so gut wie neu. Die hätte es noch lange getan! Denkst Du auch mal an’s Geld….«, empört sich MEINE beste Ehefrau von allen.
Ich halte den Hörer etwas weiter weg. Das Grinsen des jungen Verkäufers mir gegenüber wird breiter und er verfolgt interessiert den weiteren Gesprächsverlauf.
Ich versuche noch Jutta gegenüber einzuwenden, dass es uns im Lockdown ebenso gegangen ist, wie vielen anderen: Wir haben kaum Geld ausgegeben, das jetzt in die Wirtschaft gepumpt werden sollte.
»Wir wollten doch nachhaltig leben!«, wendet sie ein.
Tja, ist das so? Soll man tatsächlich reparieren so lange es geht? Oder doch dem technischen Fortschritt eine Chance geben? Immerhin werden alle technischen Geräte immer umweltschonender.
Ich denke, wie immer wird die Lösung bei einem Mittelweg liegen.
Jedenfalls sind Jutta und ich inzwischen wieder versöhnt und freuen uns auf die neue, umweltfreundliche Waschmaschine, die uns nächste Woche geliefert wird!