Theater – hautnah

Wir, meine Frau und ich, sind persönlich zu dem Theaterstück eingeladen worden und haben natürlich gerne zugesagt.

„Róza und Leon – Drei Tode und ein Leben“,

Willkommen “zu Hause” – im Theater

sollte gespielt werden. Zum “Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocausts” zeigte die bekannte Trierer Schauspielerin Nadia Migdal ihr Porträt, das sich mit der Geschichte ihrer jüdischen Großeltern auseinandersetzte.
Neugierig mussten wir vor dem Eingang des Kleinen Hauses warten, bis sich endlich die Türe öffnete.
Wir traten in den Studiosaal sein und waren erst einmal verblüfft: Statt der üblichen Bühne erwartete uns ein großer langer Tisch, der schon gedeckt war, als seien wir zum großen Festessen eingeladen. Wir nahmen erwartungsfroh Platz, die Schauspielerin erschien und .. lud uns erst wirklich einmal zum Essen ein. Sie hatte einen Eintopf selbst gekocht , ein Rezept ihrer jüdischen Großmutter, und wir durften uns erst einmal alle bedienen.

Und so wurden wir nicht Zuschauer eines Schauspiels, sondern waren Teil des Schauspiels selbst. Nicht nur zum Essen waren wir eingeladen, sondern auch dazu, uns an die jüdischen Großeltern von Nadja Migdal „anzunähern“.
Unterbrochen von Einspielungen des Originaltons erzählte uns die Ausnahme-Schauspielerin in beeindruckender und eindringlicher Art und Weise, wie ihre Großeltern, frisch getraut, in Stalins kommunistisches Sowjetreich fliehen mussten. Es war eine Flucht vor den Mordkommandos Hitlers, es war eine ständige Begegnung mit dem Tod, die schließlich gut endete. Wir nahmen teil an dem Schicksal, als seien wir selbst dabei gewesen.
Selten habe ich in meinem Leben ein so beeindruckendes Theaterstück gesehen, das im wahrsten Sinne des Wortes „unter die Haut ging“. Beim süßen Nachtisch gab es viel Nachzudenken über die grausame, damalige Zeit und auch Gelegenheit, mit der Schauspielerin persönlich zu sprechen.

Muss gutes Theater viel Geld kosten? Nein, das war der eindeutige Beweis, dass abwechslungsreiche, phantasievolle hochkarätige Kunst auch mit geringem Budget zu verwirklichen ist.

Und diesen Abend werden wir so schnell nicht vergessen.

Nadja Migdal zeigt dem Publikum ein Bild ihrer Großeltern in jungen Jahren.