Trier in der Krise

Der Oberbürgermeister war gestern fassungslos:

Die Verabschiedung des städtischen Haushaltes war am 16.12. im Stadtrat gescheitert.

Es gibt und wird zahlreiche – mehr oder weniger sachliche – Schuldzuweisungen geben. Interessant übrigens, dass ausgerechnet Gerd Dahm politische Verantwortungslosigkeit vorwirft, als Repräsentant einer Fraktion, die des Effektes halber bislang dem städtischen Haushalt meist die Zustimmung verweigert hat.

Unerwähnt bleibt bei der derzeitigen Diskussion auch, dass der vorgelegte Haushaltsplanentwurf kaum genehmigungsfähig war. Er enthielt rot-grüne Träumereien, deren Umsetzung in Anbetracht der desolaten Haushaltslage verantwortungslos gewesen wäre, wie die Bereitstellung von Geldern für ein Jugendparlament oder Errichtung eines weiteren Haltepunktes für eine Regionalbahn.

Der jetzige Scherbenhaufen, vor dem wir stehen, ist Ergebnis einer Politik, die gezielt andere Fraktionen und einzelne Ratsmitglieder im Stadtrat ausgegrenzt hat, anders, als dies zuvor der Fall war. Bisher ist es in Trierer Stadtrat – bei aller Gegensätzlichkeit – immer üblich gewesen andere Fraktion in die Entscheidungsfindung von Anfang an einzubinden. Nach außen manifestierte sich das dadurch, dass zwei Dezernenten von der Minderheitsfraktion, der SPD, gestellt wurden. In der praktischen Politik wirkte sich das so aus, dass immer Gespräche zwischen allen Fraktionen außerhalb der Sitzungen stattfanden. Jetzt ist mit Installation des so genannten „Bündnisses” erstmals eine Situation geschaffen worden, in der es eine „Opposition” und eine Art „Regierung” gibt. Das mag spannend sein, ist aber gewiss nicht im Interesse der Stadt Trier.

Ich persönlich bedaure dies sehr, zumal ich auch immer wieder feststelle, dass es in vielen Einzelfragen viel mehr Übereinstimmungen beispielsweise zwischen SPD und CDU gibt, als zwischen SPD und Grünen. Auch kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass die derzeitige kommunale, in meinen Augen jedenfalls sehr wirtschaftsfeindliche Politik, ein Herzensanliegen der FDP Anhänger ist. Das Bündnis, das sich da gebildet hat, ist ein unnatürliches Bündnis. Es krankt schon daran, dass das einzige gemeinsame Bindeglied darin besteht, gegen andere Fraktionen, insbesondere die CDU zu sein. Denn der andere gemeinsame Nenner, die Dezernentenwahl, hat sich ja mittlerweile erledigt..

“Die Ampel” krankt weiterhin daran, dass äußerst engagierte Ratsmitglieder der Grünen, dieses Bündnis mit Erfolg beherrschen, obwohl diese Rolle doch eigentlich der SPD zustände, die jetzt noch nicht einmal einen/e eigene Dezernenten/in im Stadtvorstand stellt. Die Ablehnung des Haushaltes ist als Appell zu verstehen, an der jetzigen Situation Entscheidendes zu verändern.

Wer jemanden vor  die Tür stößt, darf sich nicht wundern, wenn derjenige draußen stehen bleibt!

Das gilt sowohl für Fraktionen, als auch für einzelne Ratsmitglieder.

Nicht Ausgrenzung, sondern der Dialog muss künftig wieder im Vordergrund der Politik stehen. Da kommt meiner Auffassung nach auch dem Oberbürgermeister als Verwaltungschef und gewähltem Repräsentanten aller Trierer  eine besondere Aufgabe zu.

Ich fürchte allerdings, dass vor der Landtagswahl die Nerven noch so blank liegen, dass sich nichts Wesentliches tun wird. Danach sollten wir uns im Stadtrat zusammensetzen und einmal in Ruhe ohne Vorbehalte über alles reden. Mir persönlich würde die Ratsarbeit viel mehr Freude bereiten, wenn dann der Dialog – mag es auch über unterschiedliche politische Standpunkte sein – anstatt die Konfrontation im Mittelpunkt der Ratsarbeit stünde. Das ist für die Medien vielleicht nicht so interessant, dürfte aber eher im Interesse unserer Stadt liegen, die uns doch  allen am Herzen liegt.

Übrigens: Ganz neu sind solche Auseinandersetzungen nicht: Alles schon mal da gewesen, nur mit umgekehrten Vorzeichen. Vor 7 Jahren hieß es im Trierischen Volksfreund:

Konflikt bricht offen aus:
http://www.volksfreund.de/nachrichten/region/trier/Heute-in-der-Trierer-Zeitung-Konflikt-bricht-offen-aus;art754,305269